Freitag, Oktober 18, 2024
Konzert

Theaterhaus Jazztage / Cuban Jazz Night: Michael Olivera & Jazz Syndicate, Ramón Valle, Ana Carla Maza Quartet Caribe

Michael Olivera & The Cuban Jazz Syndicate 

Michael Olivera and The Cuban Jazz Syndicate bei den Internationalen Theaterhaus Jazztagen 2024

Eine Besetzung wie diese kann echt ganz schön Alarm machen. Schon der Auftakt bietet alles, was afrokubanischen Jazz mit ausmacht. Feinstes Percussions-Geplucker, treibende Bläsersätze, Breaks auf den Punkt, ein feuriges Pianosolo (Daniel Garcia, den man am Abend darauf nochmals bei Dafher Yusseff sehen und hören darf): Handwerklich kann man diesen Vollblütern nichts ans Zeug flicken, und musikalisch schon gar nicht. Der erste Titel dieses Abends ist Tito Puente gewidmet, das kann man so stehen lassen! Der Latin-Funke springt dann auch gleich ins Publikum über. Drummer Michael Olivera, Vorsteher des Sextetts, übernimmt neben den Drumsticks auch den Sologesang und erfreut das Publikum mit seiner humorvollen Moderation. Saxofonist Inoidel Gonzales und Trompeter Carlos Sarduy überzeugen sowohl im Zusammenspiel als auch solistisch mit boppigen Lines und Verve.

Gefühlvoll geht es allerdings auch. Denn wenn die Band einen schmachtenden Bolero vorträgt, dann klingt das Pianosolo elegisch und die Trompete beschreibt all die Tragik des Lebens. Percussionist Yuvisney Aguilar Rojas beeindruckt durch eine Solopassage auf den Batá-Trommeln, seinen Gesang unterlegt er mit dichten und komplexen melodischen Figuren. Für die tiefen Töne sorgt der gut aufgelegte Hingucker Yarel Hernández, der in einer Passage zu zweit mit Olivera eindrucksvoll seine Skills auf dem E-Bass demonstriert. Die reine Freude! Und überhaupt: Nur beste Vibes auf der Bühne und im Zuschauerraum, unter reichlich Applaus endet der erste Teil dieses musikalischen Karibik-Ausflugs.    

Michael Olivera dr, voc
Daniel Garcia p           
Carlos Sarduy tr, conga
Yuvisney Aguilar Rojas conga, perc
Inoidel Gonzales tsax, conga 
Yarel Hernández eb 


Ramón Valle

Ramón Valle bei den Internationalen Theaterhaus Jazztagen 2024

Ramón Valle macht den Flügel zu einem nahezu übermächtigen Werkzeug voller Kraft, Empfindsamkeit und Schönheit. Wer Einblick in die Seele des Wahl-Amsderdamers nehmen wollte, hatte an diesem Abend reichlich Gelegenheit. Hymnisch und zärtlich zugleich klingt sein Eröffnungstitel, gewaltig und bewegend ist seine Version des eigentlich schon längst abgespielten „Hallelujah” von Leonard Cohen. Und Valle hat eine Mission: den kubanischen Komponisten und Musiker Ernesto Lecuona zu würdigen, der in den 30er und 40er Jahren des letzten Jahrhunderts erfolgreich war. Dessen Kompositionen hat er bereits auf dem Album Danza Negra von 2002 vorgestellt, einiges davon spielt er auch hier. Zwischendurch plaudert er über seine Frisur (This tower is a message!), über seine kubanische Kindheit und seinen frühen Wunsch, gleichzeitig Kind und Erwachsener sein zu können. Seine Seele jedenfalls hat Ramón Valle an diesem Abend ergreifend und beeindruckend nach aussen gestülpt.

Ramón Valle p


Ana Carla Maza Quartet Caribe

Ana Carla Maza bei den Internationalen Theaterhaus Jazztagen 2024

Die Frau, bei deren Namensvergabe nur noch ein Vokal verfügbar war, legt mit ihrer Combo einen temperamentvollen Start vor. Nichts anderes auch hat man nach den Vorankündigungen erwartet. Wie unerschrocken und virtuos sich die Cellistin und Vocalistin ihres Instruments bedient, sucht seinesgleichen. Sie spielt es gestrichen, gezupft, geklopft, als Melodie-, Harmonie- und Percussionsinstrument, selbst ein veritabler Reggea-Skank geht. Der reine Wahnsinn! Das Programm ist, klar, latinlastig, lässt aber auch poppige Themen nicht liegen. Das Publikum freut sich darob und lässt sich bei eben diesen Themen gern zum mitsingen und -klatschen animieren. Wie ein üppiger Blumenstrauss, selbstbewusst und ausgemacht leidenschaftlich überstrahlt Maza die Mitglieder ihrer Combo, die trotz mehr als solider Leistung bisweilen irgendwie in den Hintergrund diffundieren. Je nun.

Ana Carla Maza cello, voc
Norman Peplow p
Marc Ayza dr
Luis Guerra perc


Fotos: Rainer Ortag, jazzreportagen.com