Montag, September 16, 2024
Konzert

Songs ohne Verfallsdatum – Sting in Stuttgart

Sonntag, 28. Juli 2024


Message In A Bottle heisst das erste Stück, und schon nach den ersten Akkorden ist das Publikum voll drin. If I Ever Loose My Faith In You ist der nächste Titel, er wird zur aufgebretzelnden Powernummer, gefolgt von Englishman In New York: 7200 Besucher singen den Text geschlossen mit. Dominic Miller bringt das Kunststück fertig, die Stimmen der komplexeren, üppiger instrumentierten Titel aus Stings Solokarriere so zu kondensieren und auf seine Gitarre zu portieren, dass man nichts vermisst. Hut ab!

Überhaupt nimmt die Triobesetzung einigen Titeln den Schmalz, was ihnen nur guttut – meint der Autor. Direkter, unprätentiöser, druckvoller und teilweise recht rauh gespielt entfalten Desert Rose oder auch Fields Of Gold nochmals andere Qualitäten als zuvor.

Sting bei der jazzopen Stuttgart 2024

Sting, der seine Titel oft auf Deutsch ansagt, strahlt maximale Autorität auf der Bühne aus, im positiven Sinne. Sein Bassspiel treibt wie ehedem, gesanglich mag man allenfalls vermissen, dass er die ganz hohen Register nicht mehr bedient. Im letzten Drittel der Veranstaltung lässt er dann die Contenance fahren und steigert sich mit seiner Combo in einen Spielrausch. Selbst Dominic Miller, Stings musikalisches Multitool, strahlt offen nach einer besonders gelungenen Passage. Bestens fügt sich Chris Maas ein, er trommelt konzentriert, kraftvoll und sensibel: ein Lob für den Mann, der viele Jahre für Mumford and Sons die Felle schwingen ließ.

Interessant ist die Policelastigkeit der Setlist, die wohl auch von Auftritt zu Auftritt variiert. Zuvor in Montreux konnte man zu Bob Marleys No Women No Cry die Taschenlampen der Handys anknipsen. Nach Titeln wie Shape Of My Heart, Walkin On The Moon, So Lonely, Desert Rose und King Of Pain wird Roxanne als letzter Titel angezählt, das Publikum als vierte:r Musiker:in partizipiert gern und freudig.

Zugabe ist, klar, Fragile, und dann ist das Konzert aus. Einstimmige Begeisterung auf dem Schlossplatz und im Pressecontainer. Ein starker Abend! Erwähnenswert auch, dass Sting zu Beginn des Konzerts die am Bühnenrand agierende Gebärdendolmetscherin in ein wertschätzendes Gespräch verwickelte. Schade hingegen, dass Stings Mikrofon die Stimme oftmals ins Nasale verfärbt hat. Den Gesamteindruck jedoch vermag dieser Umstand nicht trüben. 

Sting bs, git, voc
Dominic Miller git
Chris Maas dr

Fotos: Rainer Ortag, jazzreportagen.com